Seit einigen Jahren wird in Büchern und Artikeln der Vorfußlauf als die einzig richtige Form des Fußaufsatzes propagiert. Einige Autoren behaupten sogar, es sei die natürliche Form des Laufens.
Verschiedene Spitzenathleten bestreiten ihre Wettkampfdistanz erfolgreich auf dem Vorfuß, was den Eindruck vermittelt, dass der Vorfußlauf insofern nicht so schlecht sein kann. Doch eigentlich ist es keine Frage der Meinung. Man kann objektiv sehr gut darstellen, welche Vor- und Nachteile bei den einzelnen Fußaufsatzmustern bestehen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Belastung im Kniegelenk bei Fersenläufern deutlich höher ist: Der Aufsatz über die Ferse mit Laufschuh führt zu einem beschleunigten Fersen- und Sprunggelenkshebel, bis der Fuß mit seiner gesamten Fläche Bodenkontakt hat. Fortlaufend beschleunigt der Unterschenkel nach vorne und das Kniegelenk wird gebeugt. Dieses Beugemoment im Knie muss über den M. quadriceps kontrolliert und gebremst werden. Hierbei kommt es zu einer erhöhten Belastung hinter der Kniescheibe.
Dies führt u.U. zur häufigsten Syndrom bei Läufern am vorderen Kniegelenk, das als Chondropathia patellae, Anterior Knee Pain oder Patello-Femoral-Pain Syndrom bezeichnet wird. In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass die Belastung im Kniegelenk durch die Verlagerung des Fußaufsatzes auf den Vorfuß deutlich reduziert wird. Diese Ergebnisse mündeten in der Empfehlung, das Knie durch den Vorfußlauf zu schonen. In diesen Untersuchungen wurde jedoch nicht beleuchtet, welche Konsequenzen der Vorfußlauf für die anatomischen Strukturen des Fußens und des Unterschenkels mit sich bringt. In weiteren Studien konnte man zeigen, dass es bei der Landung auf dem Vorfuß zu einem hohen Drehmoment im Sprunggelenk kommt, das durch die Wadenmuskulatur gebremst und stabilisiert werden muss. Hierbei wird auch die Achillessehne als Kraftüberträger der Wadenmuskulatur stark belastet. Dies erklärt die große Zahl an Läufern mit Achillessehnenbeschwerden, nachdem sie auf Vorfußlauf umgestellt haben. Die Sehne ist eine derartig hohe Belastung nicht gewöhnt und passt sich der Belastung nicht in der Geschwindigkeit an, wie das nötig wäre. In Folge entstehen Überlastungssymptome an der Sehne oder im Sehengleitlager. Ein weiterer Problemfaktor für die Umstellung ist das Alter. Wird der Fußaufsatz im mittleren Alter (mit ca. 35 Jahren) umgestellt, so bietet die Sehne dafür nicht mehr die idealen Voraussetzungen. Die zelluläre Struktur verliert an Elastizität und an Fähigkeit, neues Material für die Mehrbelastung anzubauen. Mangelnde Belastbarkeit führt zu Materialschäden und somit wiederum zu Verletzungen und Beschwerden. Was ist aber nun die Empfehlung? Um sowohl eine übermäßige Belastungen für das Knie als auch für Sprunggelenk und Achillessehne zu vermeiden, könnte man versuchen, auf dem Mittelfuß zu landen. Hierbei werden übermäßige Drehmomente vermieden und der Druck wird auf eine große Fläche am Fuß verteilt. Desweiteren ist die Belastung bei der Landung abhängig von der muskulären Aktivität. Je „aktiver“ die Landung über die muskuläre Anspannung abgefangen wird, desto geringer ist der einwirkende Kraftimpuls. Das ist schlichtweg Trainings- bzw. Übungssache. Voraussetzung dafür ist das muskuläre Potenzial, um die Stoßbelastung bei der Landung adäquat zu amortisieren. Die Umsetzung bzw. Selbstkontrolle kann hierbei über das Laufgeräusch erfolgen. Je „leiser“ man läuft, desto mehr muss man die Stoßbelastung der Landung muskulär abfangen. Wem es schwer fällt, die Umstellung in Eigenregie durchzuführen, der sollte das mit einem Personal Trainer tun. Sachkundige Supervision führt zumeist schneller zu einem effizienten und schonenden Laufstil.